Es ist mir wirklich ein Rätsel, wie Autoren es schaffen, Szenen nieder zuschreiben, die das Blut zum Kochen bringen, ohne aus der Haut zu fahren, rasend durch die Wohnung zu rennen, während sie sich die Haare raufen.

Wenn man es so betrachtet, ist das Schreiben von Rezensionen nicht allzu schwer. Man geht auf die Suche nach dem Kernpunkt der Handlung, interpretiert und analysiert die Geschehnisse und ist auf der Spur nach dem Sinn des Ganzen, schlägt Verbesserungen vor und hinterfragt die Intentionen. Viel schwieriger wird es jedoch, wenn man selbst Hand anlegen will und seinen Schlachtplan aufstellt. Da sieht man sich der Aufgabe gegenüber stehen, selbst all das erschaffen zu müssen , was man zuvor mit Argusaugen bei anderen in seine Einzelteile zerpflückt und kritisiert hat. 

Damit möchte ich allerdings nicht behaupten, dass Rezensionen zu schreiben keine Kunst für sich ist, welche es stets zu verbessern gilt. Denn dies wäre schlicht und ergreifend gelogen.

Die Annahme, jemand sei schwach, nur weil er seine vorgefasste Meinung ändert, da ihm eine neue Sichtweise offenbart wird, ist falsch.

Und dann schlägt man die erste Seite auf wie beim ersten Mal, lässt sich mitreißen, gefangen nehmen und berühren. Man versinkt in diese Welt, dieses Leben, und atmet so frei wie lange nicht mehr, wird von der Wiedersehensfreude überrollt und weiß instinktiv, was einem gefehlt hat: Endlich wieder Zuhause sein.

Es ist ein schmaler Grad zwischen der absoluten Selbstverleugnung sowie dem Glauben, aufgrund seiner Nichtigkeit niemanden verletzen zu können, und der Realität, die eindeutig zeigt, wie heftig man jemand anderen treffen kann in der eigenen Verletzlichkeit.

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