Eine wie Alaska - John Green

Eine wie Alaska – John Green

Miles war ein Außenseiter, der sich lange Zeit darein ergab, nicht zu den anderen zu gehören. Seine einzigen Wegbegleiter waren die Letzten Worte bekannter und minder bekannter Persönlichkeiten, die ihn letztendlich dazu animierten, auf die Suche nach dem großen Vielleicht zu gehen.

In wie ginge das besser, als einen Neuanfang zu machen, das Pflaster mit einem Ruck abzureißen und neue Wurzeln zu schlagen. Bei dem ruhigen, schüchternen sechzehnjährigen Miles alias Pummel war nie viel los, keine Freunde, keine Abenteuer, keine Streiche und kein Zu-sich-Selbst-finden, zumindest nicht, bis er in seinem 11. Schuljahr das culver-creeksche Internat in Alabama besucht und beginnt, sich in seinem Leben wohl zu fühlen, seine Grenzen auszutesten. Vor allem im Colonel, einem schlagfertigen, intelligenten und unternehmungslustigen Charakter, findet er einen Freund, mit dem man auf die Suche nach dem großen Ungewissen gehen kann. Zu ihrer Gruppe gesellen sich Takumi, Lara und vor allem Alaska, in seinen Augen zunächst die personifizierte Göttlichkeit, eine taffe, geistreiche Power-Frau, ein Wunder und Mysterium, seine erste Liebe.

Mit dieser Gemeinschaft scheint er, wie seine Mutter sagen würde, in die falschen Kreise geraten zu sein, schließlich frönen sie hingebungsvoll dem Alkohol sowie ihrer Nikotinsucht in der Rauchergrotte (wie Herr Green zu seiner Jugendzeit selbst), hegen und pflegen einen heftigen Groll gegen die Tagestäter, widersetzen sich Autoritätspersonen und vergnügen sich auf die ein oder andere Weise, weshalb man davon ausgehen könnte, das erste Buch des Autors sei ein typischer Jugendroman. Aufgrund ein paar Seiten mit sexueller Handlung sollte das Buch sogar aus den amerikanischen Schulbibliotheken entfernt werden, wurde als pornografisch und unmoralisch tituliert, was urkomisch ist, weil 1. die Szenen nicht sonderlich detailliert sind und 2. John Green die Schüler nicht dazu motivieren wollte, eben das Geschilderte nachzuahmen, wie er in seinem Blog halb erheitert, halb empört ausführte. Im allgemeinen spielen Unbeschwertheit, Begeisterung sowie Ausgelassenheit ebenfalls eine wichtige Rolle in diesem Buch, sicher, aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Jeder einzelne von ihnen findet gefallen an Kunst, dem Streben nach Wissen, der Schönheit und an der Welt (was in diesem Fall vor allem auf den Colonel zutrifft). Für Teenager sind sie beinahe schon zu intelligent.

Kurzer Einschub: Wer bereits Margos Spuren gelesen hat, findet ein paar Charakterausprägungen von Quentin und Margo in Miles und Alaska wieder (oder eben andersherum), wobei Margo und Alaska zwar verschiedene Ausdrucksformen ihres Wesens besitzen, im Kernpunkt jedoch eine verwandte Seele haben. Auch Pummel und Q konnte man wachsen, etwas aus sich herauskommen sehen, entrissen aus ihrer Routine. Aufgrund der ganzen verschiedenen Eigenarten, Interessen und Leidenschaften, fällt es auch nicht schwer, ein wenig von sich selbst in den Personen zu finden (oder auch nicht, aber sie sind dermaßen sympathisch und interessant), weshalb es ein regelrechtes Vergnügen darstellt, mit ihnen das Leben zu erkunden.

Primär handelt die Geschichte um das Erwachsenwerden, sich weiter zu entwickeln, die Verknüpfung alles Existierenden zu erkennen, was Miles durch die Stunden bei seinem Religionslehrer immer besser verstehen lernt (weshalb ich nur empfehlen kann, draußen zu lesen, da man das Leben und die Natur spürt). In diesem Lehrer stecken wohl all die guten Erfahrungen, welche der Autor im Laufe seiner Schulzeit mit seinen Lehrern gemacht hat. Im allgemeinen lassen sich unzählige Parallelen zu seiner Biografie finden: John Green war auf der Middleschool ein Außenseiter, welcher auf die Indiana Springs School, Alabama, wechselte, dessen Schauplätze ihm als Vorbild für diesen Roman dienten. Eben dort soll auch „Eine wie Alaska“ nach Jahrelangen dahinschleppen endlich verfilmt werden. Auf dessen Pfaden zu wandeln, fühlte sich für ihn an, wie Nachhausekommen.

Auch über die Vergangenheit, mit der man zu leben, manchmal zu kämpfen hat, Verrat, Schuld, Verlust und Schmerz, welche unweigerlich zum Leben gehören, handeln die Szenen. Vor allem Alaska suchen diese Geister heim, treiben sie an, die Antwort auf die Frage, wie man aus dem Labyrinth des Leidens entkommt, zu finden. Stellte diese zuvor nur für sie der Schlüssel allen Seins dar, wird es auch für Miles umso wichtiger, dessen Antwort zu finden, nach dem verheißungsvollen, lang ersehnten Kuss‘ Alaskas und einem Versprechen, das sie nicht hält. Die Kapitelüberschriften deuten einen Teil seines großen Vielleicht‘s schon an: „einhundertsechsunddreißig Tage vorher“, auf deren Ende sich alles unausweichlich hinbewegt und die Spannung steigen lässt, und dann die 136 folgenden, in denen er sich damit auseinandersetzen muss. Zu einigen Teilen die Geschichte von Melancholie durchwirkt, ebenso wie von Wut und Unsicherheit, die einem die Tränen in die Augen treiben, aber wie Miles, der Colonel und ihre Freunde mit den Situationen umgehen, ihren Humor und Tatendrang bewahren, ihre Jugend im Herzen, lässt einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Das Buch wurde von vielen gepriesen, und ich kann mich dieser Meinung leichten Herzens anschließen. Es stellt ein perfektes Beispiel für Ursache und Wirkung des Handelns dar, ist feinfühlig geschrieben, zeigt die philosophische Tiefe im Alltag, ebenso wie wichtig eine Freundschaft ist, die Erfahrungen mit ihnen, Witz und Humor, und, zu guter Letzt, wie man aus dem Labyrinth des Leidens entkommt. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

 

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