Sturm der Schwerter - George R.R. Martin

Sturm der Schwerter - George R.R. Martin

Der Ideenreichtum ist sensationell und die Komplexität zum Niederknien, die Ereignisse bilden einen Strudel, der einen immer stärker in den Bann zieht und nicht mehr los lässt. So intensiv und bildgewaltig, dass ich nicht weiß, womit ich beginnen soll. Unfassbar, dass dieser Band allein dermaßen an Informationen überquillt, obschon er in Deutschland zweigeteilt erschienen ist.

Deshalb beginne ich mit dem Einfachsten: Dem Titel. Die ganze Zeit dachte ich, der alte Fuchs würde uns noch ein Schnippchen schlagen und mit einem großen Kampf aufwarten, da die ersten fünfzig bis hundert Seiten einer Einführung gleich kamen, doch das geschah im Verhältnis zum letzten Band nicht, was ich auch nicht bedauer. Stattdessen werden Hochzeitsplan-Intrigen geschmiedet, und Sansa und Tyrion verdienen wohl unser ganzes Mitleid. Er verdient jemanden mit seinem Witz, Scharfsinn und seiner Intelligenz, sie einen gutmütigen, liebevollen Hohlkopf mit attraktivem Äußeren, man kann jedoch nicht alles haben.

Aber auch Kleinfinger besitzt ehrgeizige, Hohe Ziele, ebenso Tywin, der Cersei wieder verheiraten wünscht, um feste Bündnisse zu schmieden, die den Sieg sichern. Dann wären da zudem noch Joffrey und Robb, deren Hochzeiten eine weitgreifende Wirkung besitzen werden. Für Joffrey im positiven, für Robb im negativen Sinne. Im nächsten Band wird ihn aber eben jener Fehler einiges kosten, und damit ist nicht seine Ehre gemeint. Robb ist so ehrbewusst, dass er Gerechtigkeit verübt, für Fehlern einsteht, dass ich nicht sagen kann, welches Gefühl überwiegt: Bewunderung oder Unglauben. Wenn eine Tatsache ungeschrieben feststeht, dann, dass er ganz seines Vaters Sohn ist. Er ist ein guter, wenn auch lernbedürftiger junger König.

Im Allgemeinen scheint es daher eher, der Band prophezeie das Kommende, vor allem in Anbetracht dessen, dass Dany alles daran setzt, ein mächtiges Eunuchen-Heer zu erstehen, obwohl wir davon nach wie vor nur am Rande etwas mitbekommen. Jons Geschichte hingegen rückt weiterhin in den Vordergrund, da er Spion im freiesten aller Völker ist: Den Wildlingen. Dort tritt er in Kontakt mit der mystischen Welt, Riesen, Wargs und Mammuts, und hat schwer mit seinem Gelübde zu ringen, da er dieses nicht brechen will, ihm aber keine andere Möglichkeit bleibt, um weiterhin ein Teil der Gemeinschaft bleiben zu können, wobei Manke Rayder nicht wie der Schurke erscheint, als den ihn alle hinstellen. Seine Wünsche, Ziele und Ängste sind berechtigt. Um diese zu verdeutlichen und um der entsandten Nachtwache weiterhin folgen zu können, wurde die Sicht Samwell Tarlys eingeführt, der sich den Widergängeren, den Anderen, gegenüber behaupten und recht häufig über seinen eigenen Schatten springen muss. Doch eins steht fest: Der Winter naht.

Obwohl wir auch Aryas und Gendrys Reise durch die Flusslande mit den Heckenrittern verfolgen, Ser Beric Dondarion kennenlernen, der den Anschein erweckt, unsterblich zu sein, und zudem Sandor Clegane, den Bluthund, wiedertreffen, treten noch andere Protagonisten weiter in den Fokus, wodurch der Schwerpunkt nicht mehr gänzlich auf den Starks liegt. Zum Einen wäre da Jaime Lennister, in Begleitung von Brienne Tarth, die ihn für Catelyn zu schützen geschworen hat. Was mich diesbezüglich unglaublich überraschte, ist, dass Jaime nicht gänzlich der hinterhältige Idiot und brutale Recke ist, wie die ganzen vorherigen Bücher angenommen wird. Das zeigt auch deutlich, wie geschickt Herr Martin (und nicht nur er) unsere Meinung durch Halbwahrheiten und Geflüster manipulieren kann. Nachdem Jaime von seinen Erfahrungen mit Aerys erzählte, sein inneres Gefühlsleben leicht gegenüber Brienne durchscheinen lässt, alle die Zweifel, den Wut und Schmerz, begann er mir langsam richtig ans Herz zu wachsen. Seine nächsten Kapitel konnte ich gar nicht abwarten, ebenso wenig diese herrliche Chemie, welche zwischen beiden herrscht.

Als nächster Kandidat erschien der von Stannis geschätzte Zwiebelritter wieder auf der Bildfläche, und steht seinem König treu zur Seite. Indes war nicht dies der Anlass für ihn, sein Leben weiter zu führen, sondern sein glühender Hass der Roten Dame gegenüber, welcher er die ganze Schuld am Schlacht-Desaster gibt. Auch ihrem Gott steht er skeptisch, misstrauisch und distanziert gegenüber, glaubt nicht an seine allumfassende Macht. Über Melisandre und R‘hllor sind wir im Unwissenden - Ist sie lediglich eine begnadete Fanatikerin oder bringt ihr Gott des Lichts wirklich Gutes? Laut R'hllor besteht die Welt voller Gegensätze, wie Feuer und Eis, die letztendlich Krieg bilden, der überall und seit Anbeginn der Zeit existiert. Und Rhaegar sagte voraus, dies sei das Lied von Feuer und Eis, so wie es auch auf dem Cover steht. Wie lässt sich das also weiterspinnen? Und was sagt uns das über diesen Gott und das Kommende aus? Wie immer verspricht es interessant zu werden.

Durch die ganzen Cliffhanger, schafft man die 720 binnen Tage, ohne diesen Umstand wirklich mitzubekommen. Jedes Kapitel für sich lockt mit seinen Vorzügen, weiß einen zu verführen, sodass man das Buch schier nicht aus der Hand legen kann. Die letzte Seite ist schneller aufgeschlagen, als man vermutet hättet, auch deshalb, weil der Anhang häufig nicht mit einberechnet wird und einem dann fröhlich winkend vor der Nase erscheint, ehe man das Ende richtig realisiert hat. Auch die vielen verschiedenen Blickwinkel und Wechsel sorgen für ein ausgewogenes, aufreibendes, Nervenkitzel erzeugendes und mitbangendes Leseerlebnis. Intrige knüpft an Intrige knüpft an Intrige. Vielleicht ist es ein altes Lied, doch bleibt es immer neu und nie gleich, entwickelt immer weitere Variationen, hält einen in seinem Bann gefangen. Nach wie vor für jeden Fantasy-Liebhaber eine nachdrückliche und gutgemeinte Empfehlung. Der bisherige Höhepunkt der kompletten Reihe. Einfach zum Dahinschmelzen.

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