Der Thron der sieben Königreiche – George R.R. Martin

Der Thron der sieben Königreiche – George R.R. Martin

Das rote Schwert, Mormonts Fackel, der rote Bote, der blutende Stern oder, einfach gesagt, der Komet erstrahlt über dem Reich und leuchtet neue, blutige Zeiten ein. Und alle Parteien glauben, es sei das Zeichen ihrer einläutenden Ära.

Und jeder beansprucht den Thron für sich, man kann nur schwerlichst den Überblick behalten. Bruder zieht gegen Bruder, die Lennister beäugen einander wie stets mit Argusaugen und die Frage, welche großen Konflikte als nächstes ausbrechen, ist allgegenwärtig. Ein Schwall von Versprechen wird geäußert, und wähnt sich der eine in Sicherheit, hängt verborgen ein Damoklos-Schwert über ihm. Es wird einem aufgezeigt, wie viel es in einzelnen Sätzen hinter den Zeilen zu lesen gibt, weshalb wir wieder in die Gefilde der Spekulationen, Kalkulationen und Intrigen eindringen. "Nichts war jemals einfach und nur sehr wenig wahr."

Dabei überlappen sich die Grenzen eins ums andere Mal. Es scheint, als würden sich dessen Wellen wie bei der Interferenz verhalten, nur dass die Dissonanzen nicht ausgelöscht werden, sobald sie aufeinander treffen. An anderer Stelle verstärken sie sich jedoch, erzeugen ein großes Inferno. Alles hängt in der Schwebe. Blutige Gemetzel stehen somit noch immer nicht im Vordergrund, sondern wie gehabt das taktische Denken, die Intentionen sowie Einzelschicksale.

Wir bekommen den Beginn des Ausmaßes Eddard‘s und Robert‘s Ablebens deutlich zu spüren. Dadurch geht aber auch eine Veränderung in der Gewichtung der Sichtwechsel einher. Andere Protagonisten nehmen langsam eine Schlüsselposition ein und bereichern das Buch. Allerdings werden die Geschichten Danys, Sansas und Catelyns hinten an gestellt, was in Danys Fall wirklich schade ist. Mal sehen, was im nächsten Buch au uns wartet. Theon Graufreund hingegen nimmt uns mit auf seine Reise zurück in die Heimat, welche jedoch anders ausfällt, als er erwartet hatte.

Die Hauptgewichtung liegt jetzt aber vor allem primär auf Tyrion als Hand des Königs, (was ich sehr begrüße) sowie Stannis, dessen Debüt hiermit gemacht wurde und einen gar unsympathischen, verbitterten und doch Mitleid verdienenden Mann zeigt. Allerdings werden die Schwarzen Brüder der Mauer, und damit auch Jon, durch die ganzen Ränkespiele gar in den Hintergrund gedrängt, dass die kommenden Folgen mindestens einen Band füllen können (auf den ich sehnlichst warte!). Im allgemeinen herrscht eine Vielzahl von Geschichten, sodass man manchmal den Überblick zu verlieren glaubt. Das zeigt andererseits auch, wie Komplex und Vielschichtig der Roman behandelt wird, was seinen ganz besonderen Charme ausmacht.

Durch die verschiedenen Blickwinkel wird es einem jedoch erschwert, sich vollkommen in sein Urteil über die Personen hineinzusteigern, weil wir Fehler und Gerechtigkeit auf beiden Seiten zu sehen bekommen. Und das ist gut. Mitleid, Unverständnis, Irritation, Schock, Wut und Sympathie verwirbeln und ringen häufig miteinander. Einmal behält das eine Gefühl die überhand, dann das andere und doch ist es meist ein ungefilterter Wust aus allen und mehr. Die Bindung zu den Personen wird dadurch intensiver und aufrichtiger. Man weiß weitestgehend, mit wem man es zu tun hat. Natürlich reifen die Personen an ihren Aufgaben, manch einer entwickelt seine innersten Kräfte auch weiter, sodass sie nie charakterlich stillstehen, aber ihren Wesenskern kann man dennoch gut erfassen.

Und all das schafft Herr Martin erneut auf eine sprachlich meisterliche Weise darzustellen, die einen in die Szenerie greifen lassen kann und mit Haut und Haar verschluckt. Ehe man sich versieht, findet man sich schon im Anhang wieder, gedanklich fiebert man jedoch noch immer mit den Protagonisten mit. Wer erstklassige Fantasy-Literatur sucht, kann hier ohne zögern zugreifen.

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