Margos Spuren – John Green

Margos Spuren – John Green

"Margo hat Rätsel immer geliebt. Und bei allem, was später passierte, wurde ich den Gedanken nicht los, dass sie Rätsel vielleicht so liebte, dass sie selbst zu einem wurde."

Für Quentin ist es einfach, Margo Roth Spiegelmann aus der Ferne anzuhimmeln, ohne je etwas an seiner Routine ändern zu müssen, weil sie tröstlich und vertraut ist. Er ist der liebe, schüchterne, ruhige Junge von Nebenan. Sie hingegen eine Abenteuerin und Weltenbummlerin, in der ganzen Schule eine Legende, voller Ehrfurcht spricht man ihren kompletten Name aus. Und dann hockt sie eines Abends vor Q‘s Fenster, bietet ihm eine Nacht, um gemeinsam mit ihr Geschichte zu schreiben. Ein Abenteuer unbekannten Ausmaßes beginnt für ihn, welches noch Zeit später Wellen schlagen soll, denn am nächsten Tag ist Margo verschwunden, wie schon so oft, ständig auf Achse. Nur Wegweiser, ihre Spuren lässt sie als Nachricht zurück, und sie gelten Q. Eine lang anhaltende Suche fängt an. Und er beginnt, Margo erst in dem Moment kennenzulernen, da sie nicht mehr da ist.

Es könnte ein normales Jugendbuch sein, wäre die Geschichte nicht wieder mit dermaßen viel Intelligenz erzählt, wie es charakteristisch für seine Romane ist. Sie sind keine perfekten Menschen, zu großen Teilen sogar richtige Teenager. Sie sind vollkommen in ihrer Unvollkommenheit und doch um Welten besser als die Meisten. Sie lernen erst, wie das richtige Leben ist. Und das genießen Sie in vollen Zügen. In gewisser Weise ist es ein Buch der Selbstfindung, was auf verschiedenen Wegen gezeigt wird. Hier wird Humor auch erneut mit einem großem H geschrieben (und das nicht, weil das Wort der Sprachfamilie der "Substantive" angehört). Durch die einfache Schreibweise kommt der Jugendliche Optimismus, die Ausgelassenheit ebenfalls richtig zur Geltung. Vor allem kann man die Jugendlichen aber reifen sehen, wobei wir vor allem auf Q‘s Pfaden schreiten.

Er nutzt Walt Whitmans Grashalme als Mittel zum gegenseitigen Verständnis, ist auf die Suche nach dem gegangen, was ihn mit Margo verbindet und nicht das, was sie trennt. Indem er herausfindet, was sie empfindet, warum sie etwas tut, weil er es am eigenen Leib erfährt, beginnt er zu verstehen. Man sieht meist nur das, was man sehen möchte, aber es steckt immer mehr dahinter. Häufig reflektieren wir nur unsere eigenen Gedanken, Hoffnungen, Sehnsüchte und Wünsche auf jemanden, ohne die Person an sich zu sehen. Wie richtig festgestellt wurde :" Eine Margo für jeden von uns - und jede davon war mehr Spiegel als Fenster." Und genau das hat er für sich selbst versucht zu ändern. Stück für Stück gab er seine Vorstellungen von der Person auf, für die er sie hielt, und setzte die Hinweise zu einem neuen Bild von ihr zusammen. (Am Rande sollte erwähnt werden, dass Margos Nachname treffend gewählt ist: Eben das, was sie nicht sein möchte, ein Plastikmädchen.) Dabei wird ihm klar, dass man sich nie vollkommen in eine andere Person hineinversetzen kann. Aber der Versuch allein ist der einzige Weg, um die Saiten gemeinsam zum Klingen zu bringen.

Außerdem begreift er, dass alles miteinander vernetzt ist, so wie er mit seinen Freunden. Vor allem stehen die eigenen Interessen nicht immer im Vordergrund, da man auch auf andere Rücksicht nehmen muss. Man braucht einander, kann zusammen viel mehr erreichen, als eine Einzelperson es könnte. Gemeinsam mit seinen Freunden ist Quentin stärker. Alleine kommt er weit, doch dank der anderen findet er letztendlich immer zu den Lösungen. Aufbruchstimmung und einfach alle Wurzeln ausreißen sind befreiende Gefühle, vermengt mit bitter-süßer Wehmut, aber dafür könnte er seine Freunde nicht missen. Und es ist um Welten schöner, Erlebnisse gemeinsam mit Ben, Radar und Lacey zu machen, die Weiten hinter sich zu lassen. Deshalb erleben sie das Abenteuer als Team, sie stehen zueinander, unterstützen sich gegenseitig. Dieser Augenblick (der nahezu einen Sonnenumlauf beträgt) wird in ihre Erinnerung eingeschweißt sowie das Gefühl, als Jugendlicher alles zu können, unsterblich zu sein, frei, wild und ausgelassen. Man schwebt hoch oben auf den Wolken der Euphorie und Glückseligkeit, um sich kurz darauf im schwindelerregenden Fall zu befinden. Es ist nicht unangenehm, im Bauch flattert es, die Nervenenden kribbeln und man ist ganz benebelt von dem Gefühl, dass dieser Moment nicht ewig bleibt. Das macht ihn kostbar und zugleich schwer erträglich. Man ist voller Erwartungen, aber auch voller Ängste und dann ist dieser kurze Augenblick dennoch so schön, dass man sich wünscht, er würde nie vergehen.

Mit John Green auf Gedankenreise zu gehen, ist wie ein großes Geschenk. Seine Bücher sind Freunde, die man in der Tasche trägt. Ich könnte schier den ganzen Tag mit ihm philosophieren oder einfach seinen Ausführungen lauschen. Ein Buch, so herrlich wie das Leben, zum Finden seiner Mitmenschen und seiner selbst.

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