Das Lied von Eis und Feuer - Die Herren von Winterfell
Banditen. Schattenkatzen. Krähen. Drachen. Königreiche. Ritter. Träume. Wildlinge. Kämpfe. Inzest. Clans. Der Auftakt eines 10- bändigen Fantasy-Epos' mit dem Flair vergangener Jahrhunderte, fantastischen Elementen, Intrigen und Zusammenhalt wurde bereits vor mehr als zwanzig Jahren geschaffen und begeistert nun mehr als je zuvor. Ein Kräftemessen und ringen verschiedener Häuser um den Thron, ganz im Sinne des originalen Namens Game of Thrones, beginnt. Das Debüt eines mitreißenden Fantasy-Epos‘, Magie, Wirrungen, Spannung und Historie ausatmend. Flüssig und spielend leicht zu lesen, farbenprächtig und unterhaltsam.
George Martin erschafft eine neue Welt mit vielen verschiedenen Charakteren, und auch mannigfaltigen verschiedenen Sichtweisen, die einem in ihrer Flut fast mitzureißen drohen. Um den Überblick nicht zu verlieren, empfiehlt es sich, das Glossar im Anhang des Buches zu durchstöbern (Und die dazu gehörende Weltkarte befindet sich im inneren des Klappbandes, nebenbei erwähnt). Daraufhin kann man sich vollkommen auf den Plot einlassen, den Wegen der Erben Starks und deren Hohen Eltern folgen. Man schließt manche Protagonisten mehr ins Herz als andere, wie es immer so ist, und sieht einen Teil von ihnen wachsen, von ihnen reifen. Dabei sind die Protagonisten auf ihre Art und Weise charakteristischen, vollkommen menschlich und gut gezeichnet. Der Autor selbst meint, dass seine Figuren weniger moralisch seien, eben vollkommen Mensch. Die Details und Ausprägungen sind dabei genau richtig geraten, wodurch eine gewisse Bindung aufgebaut wird. Es wird einem ein relativ umfassender Einblick in ihre Gefühls-, teilweise auch Gedankenwelt geliefert.
Sie zeigen, dass die Akteure nicht immer nur schwarz oder weiß sind, sondern in nuancenreichen Grautönen erstrahlen. Natürlich ist es auch stets Ansichtssache, auf welcher Seite die jeweiligen Parteien einander stehen sehen. Ebenfalls hebt sich in diesem Kontext die Tatsache hervor, dass wir die Beweggründe mancher Protagonisten höchstens erahnen können, da sie zwar kein Blatt vor den Mund nehmen, jedoch einiges hinter dem Berg halten, ihre Geheimnisse wie einen Schatz hüten und nur selten jemanden hinter ihre Fassade blicken lassen. Jeder spinnt seine Fäden, zieht sie immer enger um ihre Opfer. Man weiß nicht, wem zu trauen ist, oder wer als nächstes zuschlägt.
War zu Anfang des Buches lediglich die große Mauer, welche nur als ferner, bedrohlicher Schatten über dem nördlichen Königreich aufragt, Lord Eddard Starks stetiges Problem, fühlt er sich im Laufe der Ereignisse langsam zwischen den Fronten zerriebe, in die Ecke gedrängt und machtlos. Und all das begann damit, dass die rechte Hand seines alten Freundes, dem König, verschieden war, so scheint es. Doch der Brief seiner Schwägerin ändert alles. War ihm zuvor nichts ferner, als Winterfell zu verlassen, bleibt ihm nun keine Wahl mehr. So ist Lord Stark mit der Aufgabe belastet, den König vor allzu großen Dummheiten abzuhalten, da dieser Mann nicht mehr derjenige ist, den er einst kannte, und währenddessen ein Land zu regieren, den Thron sowie die Krone zu bewahren, die Meuchelmörder von ihren Werk abzuhalten. Vor allem jedoch bewegt er sich auf einen aufkommenden Sturm, ein infernalisches Gewitter zu. Er wird sofort in die Ränkespiele hinein katapultiert, mit Verschwörungen, Intrigen und Mord konfrontiert.
Aufgrund Herrn Martins Brillanz und wuchernder Fantasie wird er häufig mit Tolkien verglichen, und das definitiv nicht zu unrecht. Auch stellt dieser Vergleich ein großes Kompliment für ihn dar, wie er sagte. Dennoch wies er darauf hin, einen vollkommen unterschiedlichen Schreibcharakter als der Erfinder der modernen Fantasy zu besitzen. Seine Bücher verfügen über andere Vorteile, führte er weiter aus. Beispielsweise sind seine Bücher politisch angehaucht
Anhand seinem Faible für Wappen, wie schon auf dem Titelbild sehr deutlich wird, kann man den ersten Verweis auf den Rosenkrieg finden, da der Roman an diesen angelehnt ist. Das Handlungszentrum dreht sich primär um rivalisierende Adelshäuser, einen schwachen König und die großteils um ihn kreisenden Intrigen, welche darauf abzielen, diesen zu entmachten und von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Nicht außer acht zu lassen ist ebenso, dass die Kriege im Mittelalter spielten. Eine ähnliche Szene wird uns auch hier gezeichnet: Turniere, Könige, Adel, Prunk, Armut, Jagden und des weiteren. Inwiefern weitere Parallele zu ziehen sind, wird sich in den nächsten Büchern offenbaren.
Ein ebenso zentrales Thema stellt natürlich auch Krieg dar und in diesem Zusammenhang versucht er vor allem auf die Berechtigung, noch mehr aber die Frage, inwiefern dieser gerechtfertigt ist, wofür es sich zu kämpfen lohnt, einzugehen. Seiner Ansicht nach seien militärische Eingriffe lohnenswert, solange sie richtige, erstrebenswerte sind, indem sie dem höheren Wohl dienen und nicht der Machtgier. Als Kriegsdienstverweigerer in Vietnam kann er davon wohl im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied singen.
Ein weiterer Unterhaltungsfaktor ist, dass es unheimlichen Spaß bereitet, zu versuchen, die Symbole und Metaphern zu enträtseln. Es gibt so viele Andeutungen, die ein Ereignis vorhersagen können und dann doch etwas vollkommen anderes meinen, Wortspiele sowie Parallelen zu unserer Welt. Steht beispielsweise der kommende Wintereinbruch für die aufziehende Kälte nach jahrelangem Sommer, für das Böse hinter der Mauer, welches nur darauf wartet, endlich ihren Machtbereich auszudehnen, Tod, Kälte, Hunger und Verderben zu bringen oder für das erstarken der Herren von Winterfell? Oder für alles drei? Oder eben für etwas vollkommen anderes?
Ferner würde es auch äußerst interessant sein, heraus zu finden, ob der Wolf eine Symbolfigur ist und stellvertretend für die Familie steht. Schließlich besitzt er einen sehr ausgeprägten Sozial- und Familiensinn, ist ein starkes Rudeltier, ein treuer Gefährte, aber auch intelligent und taktisch clever. Als Sansa in einem Kapitel ihrer Schwester gegenüber illoyal ist, verliert sie ihren Schattenwolf an die Klauen des Todes. Auch Eddard fragt sich im Nachhinein, ob diese Handlung seinerseits richtig war oder er damit einen nachhaltigen Effekt ausgelöst hat. Ich weiß nicht, ob dieser Umstand Zufall ist, oder eben nicht. Indes bietet es einen Gedankenraum für weitere Spekulationen. Von Krähen und Drachen gar nicht erst angefangen.
Eine Sache steht für mich am Ende jedoch fest: Fantasy-Liebhaber kommen um diese Reihe nicht herum. (Und die Bücher sind um einiges besser, als die Serie!)