Kindersoldaten

„Kindersoldaten gelten als Täter, nicht als Opfer.“ - Experte über die ablehnende Haltung von Dorfgemeinschaften zur Integration von ehemaligen Kindersoldaten

Es scheint leicht, die Taten dieser Kinder zu verurteilen, die schon in frühen Jahren dazu gezwungen worden waren, Waffen in ihre kleinen Hände zu nehmen und unzählige Leben zu beenden. „Wir haben so etwas schließlich auch nicht gemacht. Unsere Kinder auch nicht.“, denkt sich vielleicht der ein andere Bürger, oder noch schlimmer, „Wenn hat er wohl auf dem Gewissen, den ich kannte?“ Und die Frage, wann diese kleinen „Kampfmaschinen“ das nächste Mal zuschlagen, schürt die allgemeine Angst zusätzlich. Die Tatsache, dass sie schon früh gebrochen, gedrillt und zu kleinen, skrupellosen Soldaten geformt worden sind, trägt auch nicht zur Beruhigung bei. Vor allem löst es in vielen Abscheu aus, wenn man bedenkt, dass diese kleinen Wesen, die eine unbeschwerte Kindheit hätten erleben sollen, zum Teil ihre gesamte Familie haben umbringen müssen, damit sie ihre Tötungshemmung verlieren.

Mit solchen Kindern möchte niemand in Berührung kommen. Vor allem die Mütter fürchten dabei um ihre Schützlinge, wollen nicht, dass sie zu deren Opfern werden oder die verkorksten Moralvorstellungen der ehemaligen Kindersoldaten übernehmen, denn sie wissen, wie leicht Kinder zu manipulieren sind. Deswegen sind sie aber vielleicht auch die Einzigen, die ihnen etwas Mitleid entgegenbringen. Anders verhält es sich jedoch mit den Männern, die unter gar keinen Umständen noch einen weiteren Schlund zum Ernähren gebrauchen können, gar eine Bedrohung für Unterschlupf und Familie. Da dort, meist in den Kriegsgebieten, erbärmliche, Menschen unwürdige Verhältnisse herrschen, ist sich jeder Selbst der Nächste. Vielleicht gibt es ja doch das ein oder andere mitleidende Herz, welches den erbarmungswürdigen Geschöpfen Unterschlupf gewähren würde, dass aber zu große Angst davor hat, von der Gemeinschaft geächtet und ausgeschlossen zu werden.

Da die Bevölkerung großteils auch keine Bildung erhält, kommen sie gar nicht auf den Gedanken, die früheren Kindersoldaten könnten Opfer sein, obwohl sie doch niemanden hatten, an den sie sich wenden konnten, täglich um das Überleben mussten, psychisch terrorisiert, häufig zu diesen Schandtaten gezwungen worden und, kurz um, für immer vom Leben gezeichnet sind.

Anstatt diejenigen an den Pranger zu stellen, welche wirklich für diese Misere verantwortlich sind, nämlich die Oberkommandanten, Waffenexporteure und vor allem die Regierung, verurteilen sie die Einzigen, die dafür herhalten könne: Die Kindersoldaten. Denn da müssen sie nicht fürchten, selbst in unmittelbare Gefahr zu geraten, von der Regierung weiter versklavt zu werden, in ihren restlichen Krümeln an Menschenrechten eingeschränkt zu werden, und können trotzdem ihrer Unmut freien Lauf lassen.

Und nun wiederum könnte es uns leicht fallen, die Bevölkerung zu verurteilen für ihre unaufgeschlossene, feindliche und nicht der Nächstenliebe zugewandten Haltung. Aber ich tue das nicht, nicht mehr. Woher sollte ich schließlich wissen, wie man sich in solchen Extremsituationen verhält, wie es ist, täglich dafür zu kämpfen, den nächsten Tag zu erleben, welch furchtbares Schicksal diese Menschen erleiden mussten? Ich tue es glücklicherweise nicht und ich hoffe inbrünstig, dass dieser Fall auch niemals eintritt. Das wünsche ich jedermann.

Letztendlich ist die Bevölkerung, ebenso wie die Kindersoldaten, ein Opfer der Regierung und des sozial-politischen Systems. Sie haben es nicht anders gelernt.

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