An manchen Tagen scheint es einem gar, dass man durch dunkle Lande wandelt, dessen Schwärze lediglich durch die Halbmonde auf den eigenen Händen durchdrungen wird - hart, blendend und heißkalt. Umhüllt von Nebel, orientierungslos über Messer stolpernd, getrieben von Uhren, welche von kahlen Zweigen baumeln, in ihrem Gleichklang sich ähnelnd, während zwigespaltene Zungen um einen herum erklingend im Ohr beißen, kämpft man sich seinen Weg vorwärts.
Gebückte Silhouetten scheinen in weiter Ferne eines Riesen Größe anzunehmen, immer weiter in die Höhe wachsend, die Strahlen der Sterne verdeckend und Dunkelheit hinterlassend, während von ihnen ein irrtümlicher Schein ausgeht, der bannt. Im gleichen Zug schwindet die Kraft der Halbmonde. Und je länger man hinschaut, desto mehr Elefanten, so meint man, nehmen auf der eigenen Schädeldecke Platz, drücken einen nieder, sodass der Messerklingen noch tiefer ins Fleisch schneiden. Auf einmal scheinen sie nicht nur unter uns selbst, sondern auch in einem zu sein, uns von innen heraus zerfetzend. Doch man kann nichts tun, die Arme in einer weißen Jacke eingepackt, vom gleichschrittartigen Ton angetrieben.
Und als man glaubt, es nicht länger aushalten zu können, erreicht man ein marodes Haus, auf Stelzen gebaut, dessen Fassade zu blättern beginnt. Doch den Verfall sieht man nicht, geblendet vom abklingenden Schmerz.
So befreit man auch ist, lassen einen die niedergedrückten Gestalten nicht los. Während man versucht, wieder zu Atem zu kommen, beginnt man langsam, sich umzusehen, bemerkt Bilder von klaffenden, wuchernden Schluchten, die uns zu verschlingen drohen. Die Uhren mögen verstummt sein, doch stattdessen setzt ein innerer Sturm an, dessen Wetterleuchten durch das Herz blitzt, begleitet von Sirenengeheul, welches in den Ohren wiederhallt und das Trommelfell durchsticht. Der Boden kommt einem näher, stützt, während der Körper geschüttelt wird.
Die Haut beginnt aufzureißen, ein Krabbeln setzt ein, so dass man meint, Tausende von Ameisen würden jeden Zentimeter des Körpers einnehmen. Man scharbt mit den Nägeln über das bloße Stück Fleisch, versucht das Dasein herunter zu kratzen. Als das nicht genügt, gleiten die Hände fahrig über den verstaubten Boden, auf der Suche nach etwas, dass die Haut vom Leibe schälen soll. Stattdessen findet man bedruckte Seiten, die sich gleich einer Katze an die Brust schmiegen und wie alte Freunde die Wunden verarzten. Und für eine Zeit lang wirkt die Balsam reichende Medizin, alles in den Hintergrund rückend, sodass nur noch ein dumpfes Pochen zu spüren ist.
Bis ein Klopfen an der geschlossenen Tür die Traumblase einer Nadel gleich zum Platzen bringt und sich im Zimmer ausbreitet, den Boden durchwirkt und zum Einsturz bringt. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen landete man auf dem Boden der Tatsachen, auf welchem es zu bleiben gilt, denn die Sprossachsen der Leiter brachen weg.
So steht man nackt und alleine da, an dem Ungewissen weniger verzweifelnd als an dem Nebel, der einen wieder umgibt und die Schrecken des Hier und Jetzt viel realer macht, als der Blick in die Ferne es je könnte. Man nimmt seinen Weg wieder auf, der beschwerlicher ist als zuvor, und geht auf die Suche nach einem weiteren Haus, das einem Obdach gewähren kann. So stolpert man durch die Teergruben, sehnt sich nach Musik, welche die Stille durchbricht und das Eis zum Schmelzen bringt, vergebens, weshalb man sich voran kämpft, um nicht vollends zu erstarren. Durch die Lande wandelnd, kommt man letztendlich doch an Häusern vorbei, deren gläserne Fronten einen ins Auge lachen und doch nichts verraten, welche kein Schall noch Fleisch und Blut zu durchdringen vermag, schlug und schrie man noch so oft dagegen.
Völlig entkräftet gleitet man an den Wänden hinab, die verschlossene Tür im Rücken, und streicht mit dem kleinen Finger über die Augenbraue, wieder und wieder. Es scheint, als würde man unaufweigerlich sich im Kreise zurück drehen, den langen Weg hinunter fallen. Zugleich wird einem gewahr, dass man sinkt. Als stände man auf feuchtem Teer, der einen gefangen hält und doch nicht losgeben will. Doch man kann nicht bleiben, selbst wenn ein Teil sich danach sehnt.
So kämpft man sich erneut durch den dichten Nebel, getrieben von gebückten Schatten, auf der Suche nach Licht, auf einer ewigen Reise.
Und dann, als man eines Tages denkt, es könne nicht so weiter gehen, das Herz schwer wie Eisen, die Hände gegen die Kälte erhoben, drängen längst entfallene Gedanken wieder an die Oberfläche, lassen. Auf einmal erstrahlt das Licht der Halbmonde in die Welt hinaus, erleuchtet die einst kargen Landschaften, und es wird einem bewusst, dass man zuvor zwar das Licht der Sterne in der eigenen Hand gebündelt hat, diese nun aber von sich heraus strahlt. So dass steinerne Fassade bricht, Schichten unter Staub erscheinen und die Schrecken des Nichts einstweilen an Wirkung verlieren. Und dann sieht man die Gestalten, welche dem Himmelsgewölbe gleich auf den eigenen Schultern geruht, einen verschlingenden Schatten über einen geworfen haben. Sie bannen einen nicht mehr so sehr, sodass man sich innen wieder zuwenden kann, Wärme teilt, empfängt.
Eine charakteristische Bewegung eines solchen Zustandes ist das langsame Aufrichten des Rückens.