Schatten flackern über den Boden, erzeugt durch die tanzenden Blätter im Wind, welche in Sonnenlicht getränkt werden. Keine Wolke zieht seit dem ersten Mal seit einer Ewigkeit am ungehörig blauen Himmel vorbei, in dem Vögel munter ihre Bahnen ziehen.

Doch auf dem Boden kommt dies nicht mehr an - stattdessen scheinen sich die Schatten auszubreiten und alles zu verschlingen. Darunter die Menschen, welche sich um einen längst aufgeschütteten Hügel aufgestellt haben mit jammervollen Gesichtern. Sie blicken auf ein Grab, aus dem das Echo eines erstickten Schreies erklingt. 

Jeder nimmt ein Hand voll Erde, wiegt sie hin und her, lässt sie immer schwerer werden mit jedem Gedanken, der sich über Jahre hinweg angesammelt hat. Die Staubkörner werden aufgeladen, geben immer mehr Spannung weiter, bis die Personen es wahrhaft nicht mehr ertragen können. Sie pfeffern den Inhalt aufs Grab, hintendrein mit ihren lang gehegten Beilagen - ein Schraubenzieher, eine Rose, einen rundgewaschenen Kiesel - und starren auf den grauen Stein, der langsam schwarz anläuft und unter welchem das Echo vollends zum Erliegen kommt. Mit verzehrten Gesichtern und Tränen blicken sie darauf, außer Fassung. Sei stehen am Fuße all dessen, was hätte sein können, sein sollen. Sie werden es nie erfahren. 

Und während sie zusammen in ihrem Schmerz dastehen, entfernt sich eine einsame Person langsam, als einziger nicht mehr in schwarz gekleidet - die Farbe ziert nun das Grab. Mit jedem bleiernen Schritt, den er sich entfernt, kann er leichter atmen. All das, was lange Zeit auf seine Brust drückte, ihn begraben hat, verschwindet nun langsam. Er realisiert erneut, dass das, was er einst als seinen rettenden Anker betrachtet hatte, ihn nur immer weiter auf den Meeresgrund gezogen hat.

Er dreht sich ein letztes Mal um, betrachtet all die Gesichter, die unter den schwarzen Hüten und Schleiern verborgen liegen, und macht den letzten Schritt. Seine Lungen füllen sich wieder mit Luft. Die Welt vor ihm breitet sich in satten Tönen aus, nachdem er dieser anderen Welt entkommen ist. Endlich sieht er wieder klar.

 

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