Interpretation Osterspaziergang – J. W. Goethe

Warme Sonnenstrahlen streicheln mein Gesicht, sanfte Frühlingsbrisen wehen den Geruch von frisch gemähtem Rasen und süßem Blumenduft herüber. Ein Blumenmeer aus rotviolett, mitternachtsblau sowie goldgelb fordert im jeden Garten auf‘s Neue meine Aufmerksamkeit. Bunte Ostereier hängen an grünenden Sträuchern. Die ersten Bienen summen ihres Weges. Ausgelassene Familien kommen uns entgegen und genießen das herrliche Wetter des Ostersonntags. Freude und Euphorie erfüllen mich, der Frühling hat endlich obsiegt.

Auch der Autor Johann Wolfgang von Goethe schien von der Macht des Frühlings verzaubert zu sein, denn er schrieb 1808 das weltberühmte Gedicht „Osterspaziergang“, welches in „Faust. Der Tragödie erster Teil.“ steht. Darin begibt sich der zutiefst verzweifelte Universitätsgelehrte Faust mit seinem Schüler Wagner, nachdem er Selbstmordgedanken gehegt hatte, in die Natur, wo er das Erwachen der Tiere und Pflanzen sowie der Menschen sehr intensiv. Dies beschreibt er sehr einfach und naturgetreu in einfachen Worten, damit es auch für das gemeine Volk verständlich ist.

Das Schmelzen des Eises, die „grünende Flur“ und der noch anhaltende Kampf des „alten Winters“ gegen den prachtvollen Frühling mit seinem „holden, belebenden Blick“. Für ihn stellt der Frühlingsanfang Hoffnung und einen Neuanfang nach der kalten, harten Zeit dar. Genauso für die Menschen, die wieder aufleben und aus ihren Häusern treten. In den ersten 13 Versen schildert er, wie der Lenz das Steuerruder übernimmt und die Pflanzenwelt erwacht. Durch die Personifikationen verweist Goethe nachdrücklich auf die Beteiligung der jeweiligen Naturgewalten hin. Auch die Sonne nimmt regen Anteil am Erwachen der Blumen „und Bäche“, denn sie „duldet kein weißes.“ Doch durch des Winters noch andauernden Kampfes fehlts „an Blumen“ „im Revier“. Im zweiten Abschnitt beschreibt er deshalb das „bunte[…] Gewimmel“ der Menschen, welche „aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern“ kommen. Sie ersetzen die farbenfrohe Blumen einstweilen. Der eigenbrötlerische Faust findet immer mehr gefallen am Leben und wendet sich dem einfachen Volk, den Bürgern, zu. Diese „feiern die Auferstehung des Herrn“ und erfreuen sich an der Sonne. Er lässt sich zu der Äußerung hinreißen, dass sie „selber auferstanden“ seien. Damit wird deutlich, dass auch er sich noch nicht von Gott abgewandt hat, doch ist er der Meinung, die Natur sei „des Volkes wahrer Himmel“, da zu dieser Zeit die Lehre des Pantheismus verbreitet war.

Im letzten Abschnitt erzählt er dann vom Zusammenspiel zwischen Mensch und Natur. „Wie behend“ sich die Menge in alle Richtungen zerschlägt. Egal ob Gärten oder Felder, Berge oder Fluss, überall tummeln sie sich und versuchen in ihrer Freizeit die Natur zurück zu erobern. „Selbst von des Berges fernen Pfaden blinken uns farbige Kleider an.“ Draußen können sie sich entfalten, natürlich sein und entspannen. Genau so stellt der Pantheist Goethe sich das Paradies vor, wo man keinen großen Taten vollbringen, sich nicht durch besondere Verdienste auszeichnen muss.

Durch die verschiedenen Reimarten (Paarreim, Kreuzreim, umschlungener Reim), welche die 38 Verszeilen durchziehen, wirkt der Text epischer, was der freie Zeilenstil, den er verwendet, noch verstärkt. Einerseits ist der „Osterspaziergang“ ein Naturgedicht, das sich mit dem Jahreszeitenwechsel befasst, andererseits geht es auch um die Gefühle der Menschen und deren Zusammenspiel mit der Natur. Das Gedicht beschäftigt sich außerdem mit Hoffnung und löst in einem freudige Emotionen aus. Man kann sich das Geschriebene unfassbar gut vorstellen.

März 2017, Klasse 8

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