Kennt ihr dieses zermürbende Gefühl, diese Frustration, welche sich einstellt, wenn man stundenlang recherchiert hat und das Endresultat lediglich zeigt, dass Variante 1,2 und 300 möglich ist, dass für ein Ereignis gefühlt 5 verschiedene Abläufe aufgeführt werden? 

Die Resultate sind oftmals sehr durchwachsen und manchmal widersprüchlich. Das fängt schon damit an, dass das eine Buch die Jahreszahl um ein paar Jahre höher oder niedriger steckt als andere. Weiter geht es mit Berichten, die gewisse Ereignisse, Konflikte, Absichten und Meinungen verklären, unterschlagen oder ganz nach ihren Interessen auslegen. Meist beziehen die Autoren, Journalisten etc ihre Informationen auch einfach nur aus einer anderen Quelle, beschäftigten sich mit anderen Perspektiven und Gesichtspunkten, wodurch ein neuer Gesamteindruck entsteht. Aber letztendlich bleibt es häufig recht fragwürdig, ob dieses Wissen wahr, die Fakten korrekt und sachlich sind. Je länger und intensiver ich zu einem Thema recherchiere, desto weniger bin ich gewillt, mir eine Meinung darüber zu bilden, stets mit der Frage im Hinterkopf, ob mein Informationsstand solide und weitreichend genug ist. Wie kann man schließlich ein aussagekräftiges, vernünftiges und gerechtes Urteil fällen, wenn man sich seines Wissens nie vollkommen gewiss sein kann? Auch sollten wir uns vor dem, was unmittelbar in der eigenen Umgebung, direkt vor unseren Augen geschieht, in Acht nehmen und daran denken, dies nicht allzu schnell abzufertigen. Zwar können wir ungefähren Ablauf, Beteiligte und Fakten nennen, doch fehlen Intention, Beweggründe und die Erfahrungen anderer, um ansatzweise das Gesamtbild zu erfassen. Und je mehr ich lerne, desto unwissender komme ich mir vor.

Weiterhin ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass es eine absolute Objektivität gibt, da sich immer ein Mensch aus Fleisch in Blut hinter den Worten verbirgt und prinzipiell von seiner Warte aus berichtet, was verständlich ist. Und dennoch machen wir oftmals den Fehler, unsere Meinung sowie unsere Erfahrungen und Gefühlserlebnisse als allgemeingültig zu erachten und alles andere demzufolge als falsch oder etwas von der Norm abweichendes hinzunehmen. Eben weil wir in unserer Denkweise relativ festgefahren sind, immer nur durch einen Tunnel blicken, wären wir vermutlich nicht einmal in der Lage dazu, das, was der Wahrheit am nähsten kommt, zu erkennen. Vielmehr gibt es meist nicht einmal nur diese eine. Es gibt unzählige Gleichnisse dafür, die das zu belegen versuchen, wie beispielsweise die mit dem Elefanten, den die Menschen in völliger Dunkelheit beschreiben sollen, indem sie ihn befühlen, wobei jeder ein anderes Körperteil zu fassen bekommt. Jede Aussage ist richtig, und doch eben nur ein Teil des ganzen und deswegen nie vollkommen. Und je komplexer ein Thema wird, desto schwieriger ist es, eine gehaltreiche Aussage verlauten zu lassen. Die Wirklichkeiten sind dabei auch noch vielfältiger als jede Einzelperson. Vor allem wandelt sie sich in subjektiver Hinsicht im Laufe des Lebens. Manchmal bedarf es dafür Jahre, Monate, Tage und manchmal nur ein paar Minuten oder Stunden. Vor allem spielen auch die emotionale Lage, Erfahrungen sowie das Gehörtes in unsere Lage mit hinein, wodurch verschiedene Fokuspunkte gesetzt, Dinge anders interpretiert werden. 

Persönlich merke ich das schon allein an der simplen Tatsache, dass meine Texte und Erörterungen zum Teil nach einem halben Jahr erneuter Überarbeitungen bedürfen. Sichtweisen ändern sich mit der Zeit, reifen an Erfahrungen und gehen auch an ihr zugrunde, verbessern und verschlechtern sich. Vor allem aber sind sie nicht starr und absolut. Zu jenem Zeitpunkt stellen sie unsere Wahrheit dar, später wird sie vielleicht von anderen Ideen abgelöst. So ist das Leben. Und weil eben alles stets im Wandel inbegriffen ist, vielschichtig, individuell und komplex, wundert es mich überhaupt nicht, dass die Philosophen nie über mangelnde Themen, bestenfalls Musen zu klagen haben. In dieser Hinsicht sollten wir dann auch nicht vergessen, um stets für das Neue offen zu sein, weitestgehend Vorurteilsfrei an eine Sache heranzugehen, Toleranz, Verständnis und Aufgeschlossenheit zu zeigen und zu bewahren.

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